22 Jahre Braindump aufräumen

Dieses Blog dient mir ja so ein wenig als mein Braindump für diverse Gedanken, Überlegungen und manchmal auch ein wenig als Rage-Plattform.

Und das seit „erst“ 22 Jahren. Damals hieß der ganze Bumms allerdings noch nicht „Blog“, dieser ganze Social-Media-Kram existierte noch gar nicht, geschweige denn irgendwelche RSS-Feeds oder so etwas in der Art. Man musste Webseiten noch besuchen, um Neuigkeiten der Autoren zu lesen.

Aber ich schweife ab! Über diese 22 Jahre habe ich viele Umstellungen vorgenommen. Das ging dann von einfachsten Datenbanken, in denen Zeug stand und die auf der Website angezeigt wurden. Ging dann in ein selbst geschriebenes CMS über, das dann ein Blogging-Modul bekommen hat.

Dann kam dieses WordPress um die Ecke und Blogging wurde größer. Man benötigte plötzlich so etwas wie Trackbacks, Feeds, etc. Anstrengend!
Dies war alles irgendwann zu viel, um es selbst zu bauen. Also ging ich dazu über, den Kram ins WordPress zu übernehmen. Mehr oder weniger easy.

Dann kam Blogger um die Ecke. Google hat mit der skalierbaren Plattform etwas zur Verfügung gestellt, wo man kostenlos sein Gesabbel hosten konnte. Also wieder Daten übertragen.

Nach ein paar Jahren ging mir das wieder auf den Sack und ich hab’ es wieder auf ein WordPress umgestellt. Das bekannteste Blogging-System war aber immer noch komplette Scheiße. Hab also etwas Eigenes auf der Google AppEngine gebaut. Dadurch war es skalierbar und im Normalfall hab’ ich nichts dafür bezahlt, weil ich im Free Quota geblieben bin.

Also wurden wieder die Daten übertragen ins neue System. Natürlich kam es wieder anders und die AppEngine sollte teurer werden, also wieder Daten ins WordPress übertragen.

Und was ist natürlich nicht geil skalierbar und verbraucht entschieden zu viele Ressourcen? Richtig! WordPress. Also wieder zurück zur AppEngine. Dieses Mal aber nur die Pflege der Inhalte dorthin. Kostet also nix. Die Inhalte wurden aus der eigenen Datenbank statisch generiert und zwischendrin in diverse Storages wie Amazon S3, Google Cloud Storage, usw. geworfen. Statisches Hosting ist nahezu kostenlos oder eben im einstelligen Cent-Bereich im Monat.

Die Zeit lief weiter, Social Media hatte seinen Hype, Trackbacks wurden irrelevant. Die Nutzer reden sich bis heute ein, dass ihre Inhalte, die sie täglich auf Plattformen posten, ihnen gehören. Sie glauben, die Inhalte sind da und bleiben es auch. 😂

In den letzten Jahren kamen dann immer mehr statische Generatoren für Blogs und Websites auf den Markt. Komisch, denn vorher wurde ich immer dafür belächelt, dass ich statisch generierte Seiten propagiere. Mit dem Aufkommen von Hugo hab’ ich dann mein Blog dann darauf umgestellt. Vor allem auch, weil es in Go geschrieben ist und ich diese Sprache sehr gerne mag. Die Generierung dauert nur Sekunden, das Hosting kostet mich nichts, die Inhalte im einfachen Format Markdown gespeichert.

Bla bla bla, komm zum Punkt!

Diese quer-migrierten Inhalte von 22 Jahren waren allerdings eine Katastrophe.

Zwar habe ich das damals bei der Übertragung alles eigentlich mit einem HTML2Markdown-Konverter migriert, aber ganz viele Artikel hatten einfach noch sehr viel Plain-HTML drin. Außerdem gab es hunderte Artikel, die irgendwo in der Migrationskette alle Umbrüche und Absätze verloren haben.

Hinzu kommt, dass ich damals das Tagging noch nicht soooo ausgiebig genutzt habe. In den ersten Jahren waren Umlaute auch ein Fremdwort. Ich habe schließlich knapp 20 Jahre keine Umlaute geschrieben, da ich immer mit einem US-Keyboard-Layout getippt habe. Die URL-Generierung war auch eine Katastrophe, manches manuell, manches mit Unterstrich, andere Teile mit dem Minus-Zeichen.

Learnings

Um den ganzen Bumms zu korrigieren, hab’ ich jeden Beitrag in den letzten 7 Tagen locker 5- bis 10-mal angefasst. Jedes Mal für eine Art Fehler, der behoben werden muss.

Zwischendrin habe ich mir ein paar Scripte für so manche Erleichterung geschrieben, aber versuch mal, Umlaute automatisch richtig zu setzen oder Absätze richtig einzuschätzen. 🤪
Vieles davon benötigt eben menschliche Interaktion und Einschätzung.

Meine Learnings für die Zukunft sind auf jeden Fall:

Einfaches Markup für Inhalte

Nutz eine einfache Markup-Language zur Speicherung der Inhalte, die man sinnvoll in Ausgabeformate formatieren kann. Damit fliegt WordPress schon mal raus aus der Liste der für mich funktionierenden Systeme.

Verlass dich beim Embedding nicht auf externe Dienste

Nutz niemals Twitter-, X-, Vine-, Facebook- oder was-auch-immer-Embeds. Mach von dem Post einen Screenshot und hoste ihn selbst. Oder lad das Video runter und hoste es selbst. Das ist zwar mehr Aufwand, vermeidet aber ganz viel kaputten Kram. Wie viele kaputte YouTube-Verlinkungen und -Embeds ich hier inzwischen habe, geht auf keine Kuhhaut. Vielleicht ist das Video von letzter Woche heute nicht mehr wichtig, aber du weißt nie, was nächstes Jahr ist.

Möchtest du deine Präsentation veröffentlichen? Dann wandel sie in ein Format um, das du selbst hosten und einbetten kannst. Alternativ verlinke die Roh-Datei einfach und lass die Leute den Quatsch von deiner Seite herunterladen.

Nichts im Internet ist beständig

Was haben wir damals viele Treffen mit Bloggern oder selbst ernannten Social-Media-Experten gehabt! Jede Woche war gefühlt ein Event in der jeder großen Stadt, die Blogosphäre hat sich gegenseitig ermutigt, weiterzumachen. Was und wen man damals alles kennengelernt hat, unfassbar! Und wir haben uns alle gegenseitig verlinkt.

Lasse ich heute einen Link-Checker durchlaufen, sind knapp 80 Prozent der Links zu anderen Blogs tot.

Ich vermisse sehr viele Produkte

Beim Bearbeiten der Artikel sind mir einige Artikel untergekommen über Produkte wie die Chromebox, Dinge in der Cloud, Google+, Google Wave und Google Reader oder sogar solche Sachen wie PTPT.

Ich vermisse sehr viele Menschen

Die oben genannten (Micro-)Blogger und andere Social-Media-Bubble-Menschen haben sich so weit verstreut, die Plattformen lösen sich im Wohlgefallen auf. Manch einer denkt, man könnte in der geschlossenen LinkedIn-Bubble Fuß fassen und mit gehirnschwangeren Aussagen Kunden über den Tischen ziehen. Damit sind sie dort genauso nervig wie vor 10 Jahren die SEOs, die versucht haben, jedem mit Website die HTML-Grundlagen falsch beizubringen, nur weil sie 2 Sekunden googeln konnten.

Die Natürlichkeit und Unbeschwertheit ist komplett weg. Ist das vielleicht auch ein bisschen Corona zuzuschreiben? Vielleicht. Es ist wahrscheinlich einer der Gründe, warum es keine regelmäßigen Treffen mehr gibt. Manche haben sich (ungezügelt) vermehrt und dadurch komplett andere Prioritäten.

Die Weigerung der „einfachen Geister“, sich weiterzuentwickeln und verteilte Netzwerke zu nutzen, trägt wahrscheinlich auch dazu bei, dass die Kontakte abbrechen.

Inhalte und Meinungen sind wichtig und lange gültig

Als ich so manchen alten Beitrag von mir gelesen habe, dachte ich mir: Uff, das ist tatsächlich so eingetreten. Teilweise sogar noch schlimmer geworden als vorhergesagt.

Das finde ich wirklich faszinierend. Lasst andere daran teilhaben. Schreibt eure Meinungen und Gedanken ins Internet. Nicht auf geschlossene Plattformen. Macht sie wieder auffindbar und es wird euch auch im Privat- und Berufsleben helfen.

Videos und Fotos sind, außer vielleicht bei Fotografen, nicht hilfreich.


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