Immer wieder sehe ich Projekte voll gegen die Wand fahren. Dies liegt gar nicht so oft an einer Fehlplanung, sondern eher an der Kommunikation.
Die Probleme
Ich weiß gar nicht, ob das Problem auf’s Ego schieben soll oder auf Mitarbeitermangel. Vielleicht ein kleines bisschen von beidem.
Ego: Es ist ein in der Agenturbranche weit verbreitetes Phänomen, dass sich jeder für viel wichtiger hält, als er es ist. Da werden dann wichtige Informationen für sich behalten, sodass die anderen Beteiligten eines Projektes immer dazu gezwungen werden, das „Super-Brain“ zu fragen. Was ein Egomane aber selten weiß oder vielleicht nur nicht realisiert: er kann nicht skalieren. Je mehr er damit beschäftigt ist, bloß nicht zu viel Wissen preiszugeben, desto weniger Zeit hat er, seinem Job nachzukommen.
Mitarbeitermangel: In der breiten Medienwelt wird ständig alles abverlangt. Da müssen Mitarbeiter ab morgens um 8 Uhr im Büro sein, um ständig für den Kunden rechtzeitig Gewehr-bei-Fuß zu stehen, auf der anderen Seite wird aber auch verlangt, dass die Arbeit fertig wird. Dass Mitarbeiter dann bis abends um 20:00 bis 22:00 Uhr noch im Büro sitzen, wird dann halt mit den Worten „die Arbeit muss halt fertig werden“ verlangt.
Auch diese Denkweise skaliert nicht. Der Mensch hat nämlich aus technischer Sicht ein großes Manko: Er braucht Ruhe um zu regenerieren. Nimmt man einem Menschen dauerhaft diese Ruhe (für Chefs: nennt sich „Feierabend“ und „Wochenende“), kommt es oft zu Krankheiten.
Schleppt sich der Mitarbeiter dann trotzdem ins Büro, weil entweder das Ego oder die unfertige Arbeit dies verlangen, gibt es einen regen Abtausch zwischen den Krankheiten. Diese sind nicht immer in Form von Viren und Bakterien sichtbar, sondern spielen sich gern auch einfach nur im Kopf ab. Aber sie sind da.
Wie bekämpft man diese beiden Probleme?
Wie der geneigte Leser ja weiß, bin ich gelernter Eisenbahner - genauer: Fahrdienstleiter. Als Fahrdienstleiter (das ist der Typ, der auf dem Stellwerk hockt und Weichen und Signale stellt) gibt es einen festen Arbeitsplan im Schichtsystem. Kommt also zur nächsten Schicht ein anderer Mitarbeiter, hat man diesem eine exakte Übergabe zu machen. Da darf es keine Egos geben, da dies Menschenleben kosten kann, wenn die Spätschicht nicht weiß, dass z.B. ein Signal defekt oder eine Strecke gesperrt ist.
Warum versucht man dieses Prinzip nicht auch auf die Medienlandschaft, insbesondere die Agenturen anzuwenden?
Man stelle sich vor, …
… dass alle Gespräche mit dem Kunden detailliert festgehalten wurden, vielleicht sogar mit E-Mails, sodass man alles schriftlich hat!? Man bekommt bei der Übergabe nochmal kurz zusammengefasst, was in den letzten Stunden Wichtiges passiert ist!?
… dass der Frühschichtkollege getrost vor einen Bus laufen kann, ohne dass die Firma in die Bredouille kommt und alle Projekte gegen die Wand fahren, weil niemand genau weiß, was noch zu tun ist.
… dass Mitarbeiter pünktlich Feierabend machen können und nächsten Tag völlig entspannt die Arbeit machen können - dadurch einen freien Kopf und u.U. sogar wieder geile Ideen haben
… dass in der Agenturbranche das Wort „Burnout“ keinen Platz mehr hat
Dies alles funktioniert in anderen Branchen, wie z.B. bei der Bahn sehr gut und die Leute arbeiten agiler zusammen, als das, was sich die Agenturen da ständig versuchen einzureden.
Es geht einfach nur um standardisierte Kommunikation, Kommunikationswege und Crowd-Knowledge. Wenn denn die Sache mit dem Ego nicht wäre.
Zusammenfassung (Anklicken zum Anzeigen)
Bitte hör auf, deine Aufmerksamkeitsspanne zu verkürzen, indem du ständig Kurzvideos schaust. Lies einfach den Text und lern wieder, zu verstehen. Nimm dir Zeit! Sonst bist du so dumm, wie die Menschen, die ich hier anspreche.
Kommentare
Kai Hommel
mthie
Das ist ja der Vorteil am Schichtsystem: Es muessen nicht die gleiche Anzahl an Personen gleichzeitig vor Ort sein.
Dbzgl. hab ich letztes Jahr mal einen Post verfasst: mthie.com/liebe-…
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