Twitter fällt uns auf die Füße

21.12.2022 06:58
ca. 3 Minuten Lesezeit

Es vergeht kein Tag, an dem es keine (schlechten) Nachrichten über Twitter gibt. Massenentlassungen, schlecht behandelte Mitarbeiter, gesperrte Accounts, Linkverbote.

Jetzt beschweren sich auch noch die Wissenschaftler da draußen, dass sie mit dem Weggang der User unzufrieden sind, weil sie dann Probleme haben, neue Erkenntnisse an eine breite Masse zu kommunizieren. Da pack’ ich mir doch direkt ins Gesicht.

Zuerst einmal ist Twitter ein Microblogging-Dienst und kein Pressemitteilungsverteiler. Wollt ihr eine Veröffentlichung an eine breite Masse haben? Dann strengt euch an und schickt es den richtigen Leuten. Das ist wie mit den faulen Studenten, die über Kettenbriefe versuchen, ihre Online-Umfrage für ihre Masterarbeit an die Bevölkerung zu bringen, statt vernünftige, aber aufwendige Marktforschung zu betreiben.

Außerdem: wieso glauben Menschen denn, dass sie sich auf eine Plattform verlassen sollten? Haben die Leute durch Myspace und Google+ gar nichts gelernt? „Mimimi, meine Inhalte sind dann ja weg, wenn Twitter stirbt!“
Ja, Überraschung! Das ist immer so, wenn du keine Kontrolle über deine Inhalte hast.

In der gesamten Social-Media-Blase ist komplett das Wissen verloren gegangen, dass das Internet dezentral ist. Es wurde ursprünglich mal vom Militär entwickelt, um ausfallsicher zu sein. Was machen die Menschen daraus? Sie versuchen erst gar nicht, es zu verstehen, sondern suchen Möglichkeiten, etwas Zentrales im Dezentralen zu kreieren. Und das, obwohl wir zum Glück nicht nur einen Supermarkt pro Bundesland haben. Und das, obwohl wir zum Glück nicht nur eine Straße von Nord- nach Süddeutschland haben.

Was genau ist so schwer daran, sich wieder eine Website aufzusetzen oder ein Blog? Eine zu hohe Hürde? Nun, wir benötigen vielleicht auch mal wieder ein paar Hürden im Internet. Eine Hürde sorgt gerne mal dafür, dass wir nicht jeden Bullshit ins Internet schreiben. Damit könnten wir die Menge an radikalem Bullshit aus dem Internet loswerden, vor allem diesen ganzen Verschwörungsbullshit.

Die Einfachheit der Distributionskanäle macht es heute viel zu einfach für Leichtgläubige, Informationen im Internet zu finden. Das klingt jetzt wie eine Alte-Männer-Aussage, der das Internet nicht versteht und ohnehin ist das alles kompletter Blödsinn. Aber nur weil man die Klopapier-Rolle andersherum hinhängt, als im ursprünglichen Patent angegeben, wird es nicht automatisch innovativ.

Was würden die Influencer heutzutage wohl machen, wenn Meta einfach Instagram schließt oder wenn die Chinesen TikTok nicht mehr auf dem europäischen Markt anbieten?

Genau deshalb ist das Fediverse exakt das, was die Menschheit gerade braucht. Ein verteiltes Netzwerk verschiedener Dienste mit unterschiedlichen Zielsetzungen, wie Text-Bild-Posts (Mastodon oder Pleroma), Bilder (Pixelfed) oder Videos (PeerTube). Wenn es ein Anbieter verkackt, ist es erst einmal egal, weil nur ein kleiner Teil des Netzwerks wegbricht.
Influencer haben damit endlich die Kontrolle über ihre eigenen Inhalte.

Was ich in den vergangenen Monaten immer wieder als Kontra-Argument lese, ist, dass man ja den Admins der Instanzen nicht vertraue, weil so viele Fediverse-Server ja kein Impressum haben. Ich frage mich immer wieder, warum man sich nicht einfach eine eigene Instanz mietet? Ich bezahle für meine Mastodon-Instanz knapp €5 im Monat. Das ist weniger, als Twitter Blue mit $8 im Monat kostet.

Aber ach, was weiß ich denn schon?


Hier gibt es keinen Kommentarbereich. Hast du etwas zu kommentieren? Dann blogge einfach selbst. Oder schreib darüber mit deinem Kommentar in einem sozialen Netzwerk deiner Wahl.